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CUREM – Center for Urban & Real Estate Management

CUREMhorizonte 23.11.2005

CUREMhorizonte «Blasenbildung in Immobilienmärkten» 23. November 2005

Aus unterschiedlicher Perspektive präsentierten drei hochkarätige Referenten am 23. November 2005 ihre Erkenntnisse zum Thema. Sie fanden ein interessiertes Fachpublikum im grossen Auditorium des Zurich Development Center (Zürich). Nach den Vorträgen bot sich den 140 Teilnehmenden Gelegenheit zur Diskussion mit Kollegen/-innen und Referenten. Zusammenfassungen der Referate finden sich unten nach den Fotos.

Referenten

Impressionen vom Apéro

Zusammenfassungen der Referate

(als pdf, 90 KB)

Steve Williams (Weltpräsident RICS) geht der Frage nach, ob die Märkte für kommerzielle Immobilien in den USA vor einer signifikanten Korrektur stehen. Führende Indikatoren, wie der RICS Global property survey (GPS) zeigen, dass sich das Wachstum der Investitionen in den US Commercial property market in der ersten Hälfte 2005 verlangsamt hat. Dies gilt für alle Sektoren (retail, office, industrial markets). Andererseits sorgen das robuste Wirtschaftswachstum und sinkende Leerstände bei den Marktteilnehmern für Optimismus bezüglich der Mietzinsentwicklung. Insgesamt erwartet Steve Williams stabile oder leicht fallende Renditen für die nächsten sechs Monate.
Warum fiel die Investitionsnachfrage? Zinsentwicklung und Inflationserwartungen erhöhten die Finanzierungskosten und dämpften die erwarteten Total returns. Dennoch besteht berechtigte Hoffnung auf eine Preisstabilisierung auf hohem Niveau: der internationalste der Sektoren – Büronutzungen – zeigt weiterhin (verlangsamtes) Wachstum sowohl in Bezug auf Volumen wie auch auf Wert. Investitionen stiegen im 1.HJ um 20% gegenüber 2004 auf USD 23.1 Mia. Auch die Anzahl Transaktionen stieg um 7.4% auf 319. Kapitalisierungssätze fielen von 8.3% (1. HJ 2004) auf 7.5%.
Käufer und Verkäufer im Markt für Büronutzungen. Trammel Crow berichten, dass private Investoren den Markt weiter dominieren. Sie investierten USD 8.3 Mia im 1. HJ 2005. Pensionskassen liegen an zweiter Stelle (USD 6.1 Mia), dahinter REITs (USD 5.2 Mia). Auffällig ist, dass ausländische Investoren ihre Aktivitäten von USD 3.3 Mia (2004) auf USD 1.5 Mia (2005 bis dato) reduzierten.
Warum könnte sich das Investitionsklima ändern? Das Federal Reserve erhöhte die kurzfristigen Zinsen im Juni 2004 und signalisierte so eine Änderung der Geldpolitik. Bald folgten zwölf weitere Zinserhöhungen, mit denen das Inflationsrisiko – aufgrund rasch steigender Immobilienpreise und dem Boom bei den Konsumausgaben – gedämpft werden sollte. Diese Zinsänderungen bewirkten aber anfänglich keinen Anstieg der langfristigen Zinsen, welche als Hauptbenchmark von Immobilieninvestoren gelten. Für diese waren globale Einflüsse von grösserer Bedeutung, welche auch die Nachfrage nach Immobilien stärkten. Erst in den letzten Monaten begannen auch die langfristigen Zinsen zu reagieren: sie stiegen von 4.0% im Juni auf 4.5% im Oktober 2005. Gestützt wurde diese Entwicklung auch von den sich erholenden amerikanischen Aktienmärkten.
Unveränderter Risikoappetit der Investoren. Ein Blick auf Unternehmensrisiken zeigt, dass Investoren die Gefahr von Zahlungsausfällen trotz der Zinsentwicklung moderat einschätzen. Obligationenrenditen zeigen die tiefste Risikoprämie seit Mai 1997. Dieser Indikator spiegelt die Einschätzung von Mietausfällen in der Immobilienbranche.
Jede Verbesserung der Kreditrisiken dämpft den Einfluss von steigenden Zinsen auf die Renditen von kommerziellen Immobilien. Eine Abkühlung des Marktes könnte ohne grössere Preiskorrekturen erfolgen. Die fortgesetzte Stärkung des Dollars könnte zudem das Vertrauen der ausländischen Investoren wieder stärken.
Fazit: Total return auf dem Markt für kommerzielle Immobilien in 2006 wird vom Wachstum des BIP und der Zinsentwicklung abhängen. Sollte sich das starke BIP Wachstum fortsetzen, kann mit stabilen Renditen gerechnet werden. Die Resistenz der US-Ökonomie, besonders der Beschäftigung, gegenüber der Katrina-Katastrophe deuten auf eine positive Entwicklung der Mieten. Sinkende Ölpreise (von über USD 70 auf USD 57) steigern die verfügbaren Einkommen und das Wachstum, falls die Immobilienpreise auf die Zinsveränderungen zu reagieren beginnen.
Eine starke Verengung auf den Kreditmärkten würde allerdings die Gefahr von Zahlungsausfällen und die Risikoprämien erhöhen. Auch starke Anstiege bei den Obligationenrenditen wären besorgniserregend. Dies ist allerdings mit Blick auf die 70er und 80er Jahre und die moderate Inflation nicht zu erwarten. Per Saldo erwartet Steve Williams daher stagnierende oder leicht steigende Immobilienrenditen im nächsten Jahr – signifikante Korrekturen sind unwahrscheinlich.


Prof. Thorsten Hens (Universität Zürich) betrachtet Entstehung, Struktur und Prognosen von Bubbles aus Sicht der Behavioral Finance. Die Entstehung von Bubbles illustriert der Referent anhand von Beispielen: South Sea Bubble (1720), VA Linux Systems (IPO, 1999), dem Kursverlauf der NASDAQ und NEMAX Indizes von 1997 bis 2001 und weiteren mehr. Er beendet das Anschauungsmaterial mit einem Zitat von Sir Isaac Newton: „I can calculate the movements of the heavenly bodies, but not the madness of people.“
Zur Struktur von Bubbles: Fünf Abschnitte der Blasenbildung können unterschieden werden. „Displacement“ (Auslenkung) bezeichnet erste Bewegungen eines Indikators. Während dem „Take-off“ (Abheben) verschärft sich das Wachstum und mündet in der „Exuberance“ (Überschwang) in seine steilste Phase. Die „Critical stage“ (kritischer Abschnitt) bezeichnet eine erste Abschwächung oder Stagnation des Indikators nach der „Exuberance“, bis der „Crash“ (Absturz) schliesslich schnell und heftig erfolgt. Die Marktteilnehmer können in verschiedene Gruppen geteilt werden. Drei typische sind: Fundamentalisten (orientieren sich an grundsätzlichen Eigenschaften und Analysewerten der gehandelten Wertpapiere), Trendfolger (beobachten vor allem die Bewegungsrichtung) und Outsiders (die über kein spezifisches Marktwissen verfügen und mit der Masse schwimmen). Das Kauf- und Verkaufsverhalten dieser drei Gruppen bestimmt im Wesentlichen den Verlauf des Bubble. Dieser kollabiert, wenn nicht mehr genügend Trendfolger und hinzukommende Outsider den Aufschwung tragen. Da alle während des Crash verkaufen, beschleunigt sich der Abwärtstrend entsprechend.
Zu den Prognosen: Ein schwieriges Unterfangen! „Markets can remain irrational longer than you can remain solvent“ sagt J.M. Keynes. Prof. Hens empfiehlt die Anwendung einer Kombination von Fundamental- und Trendanalyse.


Marco Salvi (Zürcher Kantonalbank) beleuchtet die Hot Spots im Kanton Zürich. Der Referent diagnostiziert eine robuste Entwicklung beim Wohneigentum mit einem Aufwärtstrend der Preise seit Ende 1999 (EFH +9%, StWE +12%). Dies betrifft besonders die guten und zentralen Lagen. Die Einschätzung der Nachhaltigkeit dieser Entwicklungen hängt ab von der Betrachtungsweise. Marco Salvi unterscheidet eine mechanische und eine finanzökonomische Perspektive. Anhänger der ersteren sehen Immobilienmärkte als fundamental anders als Aktienmärkte. Die Erwartungen der Marktteilnehmer sind durch die jüngste Vergangenheit (!) geprägt, Angebot und Nachfrage reagieren kaum auf Preisveränderungen. Die finanzökonomische Sicht andererseits sieht keinen fundamentalen Unterschied in der Funktionsweise zwischen Immobilien- und Aktienmärkten. Die Teilnehmer blicken voraus (!) und reagieren elastisch auf Preisänderungen.
Demographische Rahmenbedingungen: Zuwanderung in der Grossregion Zürich, Abwanderung aus ländlichen Gebieten. Insgesamt stagniert die Wohnbevölkerung. Mechanische Betrachter schliessen daraus auf insgesamt stagnierende Preise, dabei stehen einem chronischen Preisanstieg in den Zentren ebenso chronisch fallende Preise in den Randregionen gegenüber. Investoren kaufen in diesem Fall mit Vorteil an guten, zentralen Lagen. Finanzökonomische Betrachter erwarten einen geringen Einfluss der demographischen Trends. Der Flächenverbrauch wird über die Preisanpassungen gesteuert und kleinere Risiken mit kleineren Renditen entschädigt.
Die Prognose von Blasen ist am Immobilienmarkt ebenso schwierig wie an anderen Märkten. Hilfsmassstäbe bilden das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) eines Standardobjektes und die Risikoprämie des Immobilienmarktes. Das KGV kann als aktueller Marktpreis einer Standardimmobilie, der Gewinn als potentieller Jahresnettomietertrag einer Standardimmobilie mit hedonischen Modellen ermittelt werden. Dieses KGV liegt für die Schweiz im Bereich des langjährigen Durchschnittes (regionale Unterschiede). Die Risikoprämie ist eher hoch. Der Gesamtmarkt erscheint daher aufgrund des KGV als fair, aufgrund der Risikoprämie eher als günstig bewertet.